Leserbrief: Nachgedanken zur Poolnudel-Fahrradtour 2021

Auch in diesem Jahr fand wieder eine Poolnudel Radtour statt, um auf den vorgeschriebenen Überholabstand von 1,5 Metern zu Radfahrenden hinzuweisen. Mit Hilfe von an den Fahrrädern befestigten Poolnudeln wurde verdeutlicht, wie groß dieser Abstand tatsächlich ist.

Leider wurden während dieser Demonstration einige Teilnehmer*innen von unbeteiligten Dritten verbal angegangen und regelrecht beschimpft.

Im Folgenden findet ihr den unveränderten Leserbrief, den eine Demonstrationsteilnehmerin an die WAZ gesendet hat.

Nachgedanken!

Ich habe mich heute spontan dazu entschlossen an einer Fahrraddemo in meiner Heimatstadt Bottrop teilzunehmen. Am Rathaus starteten ca 25 Leute mit einer Poolnoodle am Rad und fuhren durch Bottrop und die Innenstadt, um zu demonstrieren, wieviel Abstand ein Autofahrer zum Radfahrer einhalten müsste, um sicher und gesetzeskonform zu überholen.

Ich wollte mit meiner Teilnahme erreichen, dass man in Zukunft als Radfahrer gefahrlos und entspannt in meiner Stadt unterwegs sein kann, was zur Zeit an den wenigsten Straßen möglich ist. Übrigens empfinde ich das auch so, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, denn auch als Autofahrerin bin ich froh, wenn Radfahrer sicher getrennt auf breiten Wegen unterwegs sein können, damit die Gefahr eines Unfalls minimiert wird. Ich denke dabei auch als Mutter und Oma.

Sichere Radwege sind wichtig für alle Menschen, aber doch besonders für Kinder und Ältere sind sie überlebenswichtig. Um so mehr hat mich die Aggressivität einiger Männer ( ja, es waren tatsächlich ausschließlich ältere, weiße Männer) erstaunt. Möchten Sie nicht, dass sie selbst, ihre Kinder und andere Angehörige sicher in ihrer Stadt Radfahren können? Was erzürnt den ein oder anderen männlichen Bottroper Bürger so dermaßen, dass er ein paar Raddemonstranten anpöbeln muss? Was glaubt er, bewirken Aussagen wie: „ Geht doch auf’m Bauernhof fahren“ oder „wie soll datt denn gehen auf der Kirchhellener Straße“ , bei den Teilnehmern? Glaubt er ich gehe nach Hause, packe meine Sachen und ziehe aufs Land? Oder erwartet er, dass ich keine Straße mehr mit dem Fahrrad befahre, die den männlichen Autofahrer zur Rücksichtnahme zwingt? Auch ein wehementes Kopfschütteln und aufgeregtes Murmeln mit wilder Daumennachuntengestik war dabei.

Ich habe mir schon Sorgen gemacht, es könnte Nackenschmerzen verursachen. „Ich solle erst mal Steuern zahlen“, war da noch einer der freundlicheren Ratschläge. Aber am meisten hat mich ein bestimmter Herr am Straßenrand in Erstaunen versetzt. Er blies ganz aufgeregt in eine Trillerpfeife während ich an ihm vorbei fuhr. Ich habe mich gefragt, ob er sie immer dabei hat oder nur zu gegebenen Anlass. Wenn er sie immer dabei hat, pfeift er nur zum Protest gegen freundliche Radfahrer oder kann man auch bei guter Laune ein fröhliches Liedchen hören?

Sie merken schon, ich habe viel nachgedacht auf meinem Fahrrad.

Teilnehmerin Poolnudel-Fahrradtour